Zu Beginn der Pandemie hat Dr. Teresa Müller, Consultant bei Management Partner, einen vierteiligen Blogbeitrag zum Thema „Homeoffice – Freund oder Feind?“ verfasst. Und sie hat dafür viel Interesse und positive Resonanz geerntet. Zum Ende der Homeoffice-Pflicht am 30. Juni 2021, möchten wir von MP nun Revue passieren lassen, wie dauerhaftes Homeoffice unsere Art zu Arbeiten verändert hat, was im Homeoffice funktioniert und wie Unternehmen und Mitarbeiter auf die Arbeit von Zuhause blicken.
Wir untersuchen die Ebenen der Mitarbeitenden (1/3), des Teams (2/3) und der Gesamtorganisation (3/3) und beziehen neue Studien ein.
Arbeiten von Zuhause: viel Licht, auch Schatten (1/3)
Die erste Ebene berücksichtigt persönliche Bedürfnisse der Mitarbeiter. Wie blicken die Mitarbeitenden auf das Arbeiten außerhalb des Büros? Nur 13 Prozent gaben an, nach der Krise nicht mehr von zu Hause aus arbeiten zu wollen, so eine Umfrage aus dem ersten Halbjahr 2021 der Hans-Böckler-Stiftung zu Homeoffice und mobiler Arbeit1. Der Großteil kann sich das Arbeiten im Homeoffice nach der Pandemie vorstellen. Fast die Hälfte der Befragten sogar im gleichen Umfang wie während der Pandemie. 77 Prozent der Befragten gaben an, dass Homeoffice die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert. Auch auf Unternehmensseite werden die Erfahrungen mit Homeoffice überwiegend positiv bewertet: 58 Prozent der Befragten Unternehmen einer aktuellen Forsa-Umfrage zur Sicherheit am Arbeitsplatz und zum Arbeitsschutz möchten Homeoffice nach der Pandemie beibehalten2.
Wo liegen die Schattenseiten? 60 Prozent der Befragten sagten, dass Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen lässt3. Zudem gaben ein Drittel der Beschäftigten an, länger als üblich zu arbeiten4. Gleichzeitig traten neue Themen in den Vordergrund: ein Drittel der Befragten klagte über gesundheitliche Probleme und darüber, dass ihr Arbeitsplatz nicht ausreichend bzw. nicht ergonomisch ausgestattet ist5. Für über 30 Prozent der Befragten war die Arbeit im Homeoffice mit Störungen aufgrund der Wohnsituation oder des Alltags zu Hause verbunden6.
Für Mitarbeitende geht es also darum, eine Balance zwischen Selbstfürsorge und Arbeitsaufwand zu finden. Selbstfürsorge fängt in diesem Kontext bei kleinen Belohnungen nach getaner Arbeit an und endet damit, Stress zu reduzieren, bevor der Körper Alarm schlägt. Von Unternehmensseite geht es darum, auch außerhalb der Büroräumlichkeiten die Gesundheit der Mitarbeitenden im Auge zu behalten und deren Bereitschaft und Möglichkeiten differenziert zu betrachten.
Führung und Zusammenarbeit neu denken (2/3)
Die zweite Ebene umfasst die Zusammenarbeit im Team und dessen Führung. Rund ein Viertel der Befragten fühlte sich vom Chef nicht wahrgenommen. Darüber hinaus besteht ohne den physischen Kontakt im Büro ein gewisses Risiko, sozial isoliert zu sein. Die Hürde, sich bei Kollegen Input oder Feedback zu holen, erscheint im Homeoffice höher als bei physischer Anwesenheit.
Gerade wenn zukünftig hybride Arbeitsformen zum Tragen kommen, muss Führung und Zusammenarbeit neu gedacht und organisiert werden. Wie geht man mit einem Team um, das flexibel zwischen Office und Heimarbeitsplatz wechselt? Welche Kommunikationsformen sind tragfähig, wie kann gesunde soziale Teilhabe – unter Realisierung der Unternehmensziele – organisiert werden? Oftmals sind informelle Begegnungen der Mitarbeitenden kreativitätsfördernd und innovationstreibend. Virtuelle, freiwillige Kaffeerunden vor Arbeitsbeginn, oder ein Zusammenkommen am Tagesende fördern den immens wichtigen informellen Austausch. An dieser Stelle besteht nach unseren Beobachtungen noch viel Handlungspotenzial.
Neue organisatorische und kulturelle Herausforderungen (3/3)
Auf der Ebene des Gesamtunternehmens stellen sich im Hinblick auf die Rahmenbedingungen für ein zukünftiges Arbeitsmodell im Homeoffice eine Reihe von Fragen. Diese reichen von Art, Umfang und Ausgestaltung der Homeoffice Regelung, vertraglichen und rechtlichen Themen, Arbeitsplatzausstattung (vgl. oben), Arbeitsschutz, IT-Sicherheit bis hin zur Frage, welche Teile der heutigen Immobilien überhaupt noch gebraucht werden.
Neben den eher organisatorischen Themen stellt sich insgesamt die Frage, eine produktive, sozial- und innovationsfördernde Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Was die Produktivität anbelangt, so hängt diese stark von der „Eignung“ der Arbeit, also gut und unkompliziert von zu Hause erledigt werden zu können, ab7. Zudem zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Produktivität und dem persönlichen, mentalen Wohlbefinden8. Daraus folgt, Homeoffice ist für geeignete Arbeit nicht nur produktivitätsfördernd, sondern auch wohlbefindlichkeitsfördernd.
Was die kulturelle Weiterentwicklung anbelangt, lohnt ein Blick auf Einstellungen und Werte in der Mitarbeiterschaft. Hält sich bei Vorgesetzten – trotz anderslautender Studienergebnisse – noch insgeheim der Glaube, dass vor allem die Kollegin/der Kollege im Büro nebenan fleißig arbeitet, während zuhause gechillt wird? Ist man schon überzeugt, dass produktive Meetings nicht davon abhängen, wo die Beteiligten gerade sind, sondern davon, wie gut man sich zuhört, auf welche Weise man Lösungen entwickelt und mit welchem Esprit man in die Konferenz geht?
Homeoffice als „New Normal“?
Abschließend lässt sich festhalten, Homeoffice kann funktionieren; sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter sind von der Grundidee überzeugt. Dass große Unternehmen, wie beispielweise SAP, auch nach Corona am Homeoffice festhalten, spricht für die Zukunftsfähigkeit des Arbeitsmodells. Viele organisatorische Fragen, wie etwa technische Voraussetzungen, lassen sich verhältnismäßig einfach lösen. Was die Themen Zusammenarbeit, Führung, Innovationsfähigkeit und Kultur anbelangt, so muss nach unserer Ansicht jedes Unternehmens, unter der Berücksichtigung seiner Mitarbeitenden und der zu erfüllenden Arbeit seinen eigenen Weg finden. Denn Homeoffice bietet bei richtiger Dosierung Chancen; bei falscher jedoch Risiken.
Sie wünschen sich mehr Information? Sprechen Sie uns gerne an: Teresa Müller ([email protected]). Wir helfen, Kultur, Führung, zusammenarbeit zu entwickeln.
Wir freuen uns!
Bleiben Sie gesund!
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Referenzen
1, 3 Studien zu Homeoffice und mobiler Arbeit. (16.02.2021). https://www.boeckler.de/de/auf-einen-blick-17945-Auf-einen-Blick-Studien-zu-Homeoffice-und-mobiler-Arbeit-28040.htm
2, 4, 5, 6 DEKRA Arbeitssicherheitsreport 2021. https://www.dekra.de/de/whitepaper-asr2021/
7, 8 Etheridge, B., L. Tang and Y. Wang (2020) Worker productivity during lockdown and working from home: Evidence from self-reports. Covid Economics 52: 118-151.