1.3.2024

Topmanagement „Team-TÜV“? Wer es wagt, gewinnt!

Leadership & Empowerment
Teams & Vernetzung

Topmanagement „Team-TÜV“? Wer es wagt, gewinnt!

von Helen Frei

Welchen Nutzen der Topmanagement „Team-TÜV“ stiften kann, wann er angeraten ist und an welchem roten Faden er sich orientiert: dies erläutert Helen Frei, Senior Consultant und Expertin für Teamentwicklung.

Unterwegs zu einem Vorstandscoaching: Am frühen Abend fahre ich auf den leeren Parkplatz des Unternehmens. Die meisten haben schon Feierabend. Der Pförtner ist sofort zur Stelle: „Da könne Sie net parken!“ Ich: „Guten Abend, ich habe einen Termin mit dem Vorstand Herr Müller. Wenn nicht hier, wo soll ich dann parken? Er: „Hier net!“ Ich drehe meinen Wagen und parke an anderer Stelle. Der Pförtner geht wieder in seine Kabine.
Es stellt sich heraus, dass ich den Parkplatz von Vorstand Schmidt belegt hatte. Verabredet war ich jedoch mit Vorstand Müller. Die beiden Vorstände hatten ein gespanntes Verhältnis. Um kein Öl ins Feuer zu gießen, handelte der Pförtner entsprechend.  

Topmanagement „Team-TÜV“ – sollen wir das wollen?

Wenn Teamwork auf der Top-Ebene nicht stimmt, breitet sich das Missliche wie ein Virus in der gesamten Firma aus und zeigt sich beispielsweise in mangelnder Empathie im Umgang miteinander bis hin zu “Dienst nach Vorschrift”. Neben handfesten Spannungen nehmen Topmanagement Teams aus einer Reihe von weiteren Gründen Coaching in Anspruch. Eine herausfordernde geschäftliche Situation, die ein gleichermaßen flexibles wie gut abgestimmtes Vorgehen erfordert oder eine veränderte Teamzusammensetzung zählen ebenso dazu wie die Pflege des Teams im Sinne eines Topmanagement „Team- TÜVs“. In einigen Fällen gibt der Wunsch, der zweiten Ebene mehr Verantwortung zu übertragen, den Impuls für ein Teamcoaching, in dessen Verlauf die nächste Managementebene einbezogen wird.  
Warum gelingt es einigen Topmanagement Teams, ihre Zusammenarbeit bewusst zu gestalten und Strahlkraft zu entwickeln – bis in die untersten Ebenen des Unternehmens? Warum geschieht bei Anderen über Jahre nichts, um eine Situation zu verbessern?  

Nach unserer Erfahrung fehlt immer wieder die Vorstellung, was ein Topmanagement Team Coaching bringt und wie es in guter Weise vor sich geht. Mitunter schwingt bei dem Gedanken an Teamentwicklung die Befürchtung mit, seinen Status im Team zu verlieren: Man wähnt einen Gesichtsverlust und zu viel Beziehungsgedöns. Dies zurecht, wenn Teamentwicklung so verstanden wird, dass es immer vorrangig um die Beziehungen gehen muss.
Aber nein, so ist es nicht: es geht um den geschäftlichen Erfolg und darum, wie das Zusammenspiel der Teammitglieder diesen befördert oder behindert. Es geht um die Balance von Geschäft (ES, die Teamziele), den Personen (ICH, Wahrnehmung der einzelnen Akteure) und ihren Umgang miteinander (WIR, die Interaktionsmuster). Diese drei gilt es, vor dem Hintergrund des jeweiligen Unternehmensumfelds (GLOBE) auszutarieren.  

Wer es wagt, gewinnt: 4 Kernelemente des Topmanagement „Team-TÜV“

Der Dreiklang von ES, ICH und WIR mit ihrer Einbettung im GLOBE ist der Themenzentrierten Interaktion (TZI) von Ruth Cohn entlehnt. Das Team wird darin unterstützt, Licht auf alle Elemente zu werfen und Überbetonungen zu entschärfen. Steht der Umgang miteinander stets im Mittelpunkt, wirkt sich dies auf Kosten der Einzelnen und ggf. des Geschäfts aus, und zwar unabhängig davon, ob das Miteinander spannungsreich oder harmonisch erscheint. Die Ecken und Kanten der Einzelakteure, die mit ihrer Widerspruchskraft Neues im Unternehmen stiften können, bleiben unerschlossen.  

Die Anlässe für Topmanagement Teamentwicklung sind sehr verschieden und der Verlauf kann sich stark unterscheiden. Allerdings gibt es Kernelemente, die für jeden Verlauf wichtig sind.  

1. Why – Warum Teamentwicklung?

Die Mitglieder schaffen ein Verständnis davon, warum gerade jetzt eine Teamentwicklung sinnvoll ist und was der Auftraggeber sich davon verspricht. Was ist vordergründig der Anlass: geht es um eine geschäftliche Herausforderung, einen Konflikt, fühlt sich jemand ausgebremst? Im Sinne von Ruth Cohns Model klopfen wir alle Ebenen ab, um einen guten Fokus für den Beginn zu setzen.  
Wichtig dabei ist, dass die einzelnen Teammitglieder sich mit dem Sinn der Sache auseinandersetzen und dem Coaching grundsätzlich zustimmen. Ist dies nicht der Fall, so kann man sich in Einzelgesprächen mit dem auseinandersetzen, was im Team (noch) nicht behandelbar erscheint.  
Typischerweise ist der Auftraggeber der CEO oder das für HR zuständige Teammitglied. Ein Ergebnis der SINN-Phase könnte sein, dass sich der Auftraggeber gegen ein Coaching entscheidet und der Prozess an dieser Stelle endet.

2. Diagnose – Wer tickt wie, wie tickt das Geschäft?

Auf der Ebene der Einzelnen gilt es Perspektiven auf das Team mit seinen geschäftlichen Herausforderungen aufzunehmen. Die Voraussetzung dafür ist, als Coach zunächst in Kontakt zu kommen und Vertrauen zu schaffen. Dann ist die Basis da, die Hoffnungen und Befürchtungen, die Interessen und die Bedürfnisse offenzulegen. Das Erstgespräch mit jedem Teammitglied dauert in der Regel etwa 90 Minuten. Hier wird auch eine mögliche Diagnostik abgestimmt, sei es auf der Ebene von Strategie und Struktur, der Interaktionsmuster oder der Einzelnen. Beispielsweise werden Entscheider- und/oder Werteprofile empfohlen, um die Unterschiede im Team sichtbar zu machen. Die Diagnostik, die wir einsetzen, will keine Beurteilung im Sinne von besser / schlechter zum Ausdruck bringen, sondern Unterschiede in den Präferenzen verdeutlichen.  

3. Transparenz – welche Perspektiven gibt es (noch)?

Hier geht es darum, die Sichtweisen anderer Teammitglieder vertieft kennen zu lernen, ohne die Eigene verteidigen zu müssen. Die gemeinsamen Ziele werden besprochen, die Diagnostik Ergebnisse reflektiert, Implikationen für die Zusammenarbeit werden daraus abgeleitet. Der Gewinn? Häufig ein aha-Effekt: „ach so, jetzt verstehe ich meinen Kollegen besser und weiß was er braucht, um entscheiden zu können. Abstimmungsprozesse sind deutlich weniger anstrengend“.  
Möchte ein Teammitglied die Ergebnisse seiner Diagnostik nicht teilen, so wird dies auf jeden Fall respektiert. Was sich daraus machen lässt, zeigt sich in der weiteren Arbeit mit diesem Teammitglied. Möglicherweise profitiert das Team als Ganzes. Durch die unbedingte Wertschätzung solcher Vorkommnisse nähert man sich substanziellen Themen und prägt Taktung, Tempo und Intensität des Entwicklungsprozesses.  
Ebenfalls transparent wird, welche Art von Team die Mitglieder sein oder werden wollen. Das vielbesprochene Hochleistungsteam ist eine Variante, die die Meisten nur für extreme Herausforderungen für sich sehen. Eher streben sie das „Real Team“ an, bei dem sich die Teammitglieder wechselseitig verantwortlich für Ziele fühlen und sich gegenseitig aushelfen, sollte eines an einer Aufgabe scheitern.

4. Fokus – Was sind die eigentlichen Themen?

Meist geht es nach ein bis zwei Teamcoachings nicht mehr so sehr um die Beziehungen. Was dem Team auf dieser Ebene im Wege stand, ist so weit bearbeitet, dass es sich auf eine neue Art dem Geschäft widmen kann.  
Um besser zu sortieren, welche inhaltlich-geschäftlichen Themen die Teammitglieder im Coaching bearbeiten, werden Unterscheidungskriterien angeboten: Beispielsweise die differenzierte Betrachtung von Geschäfts-, Kultur- und Technologie-Perspektive. Dabei kommen Tools zum Einsatz, die helfen, Entscheidungs- und Transformationsprozesse zu gestalten – etwa die Entscheiderlandkarte und der MP Energie-Scout.  
Der Anspruch dabei ist, dass das Team und der Führungskreis die jeweiligen Tools im Nachgang selbst sicher anwenden kann. Mit dem Fokus auf ausgewählte Tools wird die Steuerungslogik des Unternehmens weiterentwickelt und es entsteht eine gemeinsame Sprache.  
Häufig wird an dieser Stelle besprochen, wie die zweite oder weitere Ebenen in den Prozess integriert werden, so dass ein horizontales Team entsteht.

Zwei Gedanken zum Schluss:

Erstens: Teamentwicklung ist kein Selbstzweck. Es geht immer darum, ambitionierte Ziele zu erreichen, die man allein oder als bloße Arbeitsgruppe nicht bewerkstelligen kann! Stellen Sie die Interaktion im Team in den Dienst der Teamziele.
Zweitens: Gelungene Interaktion wird nicht dadurch erreicht, dass sich Einzelne unterordnen. Noch einmal Ruth Cohn: „Ich erlebe, dass ich umso autonomer bin, je mehr ich mir unserer Interdependenz bewusst werde. Und umso gemeinschaftlicher, je mehr ich meine Eigenart pflege.“  
Mit anderen Worten: Seien Sie sich darüber bewusst, wie wichtig die Anderen sind. Und gleichzeitig: muten Sie Ihrem Team Ihre Ecken und Kanten zu! In einem reifenden Team mit seinen reifenden Persönlichkeiten sind diese gut aufgehoben. Sie wirken sich dann nicht auf den Umgang des Pförtners mit Besuchern aus.

Ruth Cohn wollte ursprünglich Lyrikerin werden. Dichterisch hat sie die Balance von ICH und WIR zum Ausdruck gebracht:  

THE WE IN THE I

by Ruth Cohn

I know I’m really I

Because I live and die;

I’m also part of We,

If not, what would “We” be?

The We-part in me sighs

“I need the other I’s!”  

The other I’s say: “True

We’re parts of Me’s and you

My We-parts cry: “Illusion!

We are not parts but fusion!”

Sie wünschen mehr Information zum Thema? Sprechen Sie uns einfach an: Helen Frei (hef@management-partner.com). WIr freuen uns!

Management Partner ist die richtige Beratung für alle, die sich anspruchsvolle Ziele setzen. Dabei entdecken wir Chancen, die versteckt geblieben sind, und Lösungen, die vorher nicht vorstellbar waren. Gemeinsam mit Ihnen gelingt es uns, Ihr Unternehmen spürbar — und messbar — zum Besseren zu verändern. Wir helfen, Ihre Veränderungsfähigkeit zu entwickeln — und zu behalten. Auch wenn unser Auftrag irgendwann endet — Ihre Veränderungsfähigkeit bleibt.

Keep the Change